Wenn es um möglichst schnellen Muskelaufbau oder Kraftzuwachs unter Außerachtlassung von moralischen Bedenken geht, sind Prohormone (neben SARMs) wohl die effektivsten Supplements. Ihre Vorzüge: Sie sind hochwirksam, relativ leicht zu bekommen und nicht so verrufen wie anabole Steroide. Außerdem gelten sie als nebenwirkungsarm – zumindest im Vergleich mit „echten“ Anabolika. Aber: Gänzlich harmlos sind sie nicht. Und allein durch Prohormone wird auch niemand zum Mr. Olympia. Wenn man Prohormone kaufen will, sollte man also wissen, worauf man sich einlässt.
Erklärung: Was sind Prohormone?
Die Bezeichnung „Prohormone“, in der das Wort „Hormone“ steckt, verrät bereits etwas darüber, was es mit ihnen auf sich hat: Prohormone sind Hormonvorläufer. Sie werden im Körper zu aktiven Hormonen umgewandelt – vorzugsweise in solche, die eine muskelaufbauende Wirkung haben. Der
Umwandlungsprozess erfolgt mithilfe von körpereigenen Enzymen, die die Umwandlungsrate und damit auch die muskelaufbauende Wirkung begrenzen. Prohormone sind deshalb im Vergleich zu Steroiden weniger anabol, dafür sind ihre Nebenwirkungen aber auch weniger gravierend. Es gibt allerdings Prohormone, die genauso stark wie Steroide wirken. Diese verbessern in kürzester Zeit die Optik (auch die Definition) und die Leistungsfähigkeit. Sie haben aber auch dieselben Nebenwirkungen wie Steroide.
Wirkung: Wie wirken Prohormone?
Führt man sich Prohormone zu, z. B. als Kapseln, so wandelt der Körper sie mittels körpereigener Enzyme in die Hormone Testosteron, Dihydrotestosteron oder 19-Nortestosteron um (je nach Prohormonversion). Welches Enzym dabei genutzt wird, hängt vom molekularen Aufbau des
jeweiligen Prohormons ab: Prohormone, deren Bezeichnung auf „-dion“ endet, werden z. B. durch das Enzym 17-Beta-Hydroxysteroid-Dehydrogenase
umgewandelt, während Prohormone mit „-diol“ am Namensende durch das Enzym 3-Beta-Hydroxysteroid-Dehydrogenase umgewandelt werden. Je höher der Testosteronspiegel anschließend ist, desto mehr Testosteron konvertiert anschließend wiederum in das weibliche Geschlechtshormon Östrogen bzw. Östradiol. „Dion“-Prohormone können sogar direkt in Östrogen konvertieren – sie müssen dazu gar nicht erst in Testosteron umgewandelt werden. In Bezug auf mögliche Nebenwirkungen sind sie deshalb weitaus riskanter als andere Prohormone. Der nach der Prohormonzufuhr erhöhte Testosteronspiegel ruft eine Reihe von begrüßenswerten Effekten hervor, u. a.
- höhere Proteinsyntheserate (= schnellerer Muskelaufbau)
- Kraftzuwachs
- Erhöhung der Anzahl roter Blutkörperchen (= verbesserter Sauerstofftransport)
- intrazelluläre Wassereinlagerung – dadurch prallere Muskeln (aber z. B. auch ein etwas aufgeschwemmtes Gesicht)
- verkürzte Regenerationszeit
- stärkere Libido
Wie stark diese begrüßenswerten Effekte ausfallen, darüber gehen die Meinungen auseinander. Frühe Studien zu Prohormonen, etwa die Untersuchungen
von T. Ziegenfuss Anfang der 2000er-Jahre, kamen zu dem Ergebnis, dass Prohormongaben unter 300 mg pro Tag keine nennenswerten Auswirkungen
auf die Körperzusammensetzung und auf die sportliche Leistungsfähigkeit haben [1]. Stattdessen wurde von einer Herunterregulierung der endogenen
Testosteronproduktion und von einer ungünstigen Verschiebung der Blutfettwerte berichtet – von den typischen Nebenwirkungen einer Steroidkur also
[2]. Warum aber sollten sich bei einer Prohormon-Anwendung ausschließlich Prohormon Nebenwirkungen einstellen, ohne die kleinste positive Wirkung? Die Prohormone, die es damals gab, waren
- Androstendion
- 4-Androstendion-/diol,
- 5-Androstendion-/diol und
- Dehydroepiandrosteron.
Jüngere Studien, die z. T. mit neueren und besser wirksamen Präparaten durchgeführt wurden, zeigten dann, dass Prohormone durchaus einen signifikanten aufbauenden Effekt haben [3]. Und spätestens mit der Aufnahme von Prohormonen auf die WADA-Liste verbotener Substanzen im Jahr
2004 (Prohormone wurde in die Kategorie S4. „Anabolika“ aufgenommen), war klar, dass diese Produkte in puncto Leistungssteigerung hochwirksam sind.
Geschichte von Prohormonen: Seit wann gibt es Prohormone?
Die ersten Prohormone kamen Mitte der 90er Jahre auf den Markt. Zuerst gab es nur Androstendion, danach folgten bessere Präparate wie 4-Androstendiol und 5-Androstendiol. Die Wirksamkeit dieser frühen Präparate war jedoch insgesamt noch nicht besonders gut, weil sie größtenteils von der Leber neutralisiert wurden, ehe sie ihre Wirkung entfalten konnten. 2003 brachte der Hersteller Legal Sciences (früher Legal Gear) dann eine methylierte Versionen von 1-Testosteron, nämlich Methyl-1-Testosteron (M1T), heraus. Dank der Methylierung überstand das Präparat den First-Pass-Effekt in der Leber – entsprechend gut funktionierte es. Die Methylierung machte MIT allerdings auch lebertoxisch.
Nachdem die WADA Prohormone als Dopingmittel klassifiziert hatte, bemühte sich die amerikanische FDA darum, sie komplett aus dem Verkehr zu
ziehen. Im Jahr 2005 unterzeichnete Präsident Bush schließlich den Anabolic Steroid Control Act von 2004, der das Inverkehrbringen von anabolen
Steroiden in den USA verbot. Prohormone wurden im Anabolic Steroid Control Act mit anabolen Steroiden gleichgesetzt.
Varianten: Welche Prohormone gibt es?
Ungeachtet des Anabolic Steroid Control Acts werden im Internet immer noch eine Vielzahl von Prohormonen angeboten. Sie alle aufzulisten, ist kaum möglich – zumal es für viele Prohormon-Substanzen unterschiedliche Namen und chemische Bezeichnungen gibt. Die bekanntesten Prohormon-Produkte sind die folgenden (die Namen können je nach Hersteller variieren):
11-Ketotestosteron (11-Keto-Androstenedion, 11-Andro, 11-Oxo)
11-Ketotestosteron ist ein relativ schwaches Prohormon, das aber sehr gut dabei helfen kann, die Cortisol-Ausschüttung zu reduzieren. Damit ist es
speziell für Kraftsportler geeignet, die sehr schwer trainieren. 11-Ketotestosteron konvertiert nicht zu Östrogen und hat kaum nennenswerte Nebenwirkungen. Es ist auch nicht methyliert, d. h., es belastet nicht die Leber. Der Nachteil ist, dass man es dafür öfter am Tag und über viele Wochen
hinweg nehmen muss, um überhaupt eine Wirkung zu erzielen.
Androsterone (1-DHEA, 1-Androsterone,1-Andro)
Dieses Prohormon wird im Körper zu einer Testosteron-Unterform umgewandelt, die als „1-Testosteron“ bzw. als „Dihydroboldenon“ bekannt ist. Das Hormon wirkt schwach androgen und nur sehr schwach anabol; die anabole Wirkung entspricht etwa einem Siebtel der Wirkung von Testosteron. Da Androsterone auch in den Pollen von Pinienbäume vorkommt, darf es legal als Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden.
Epistane (Epitiostanol, Mepitiostane, Havoc)
Epistane wurde in Japan ursprünglich zur Behandlung von Brustkrebs bei Frauen entwickelt. Es ist eigentlich kein Anabolikum, sondern ein starkes AntiÖstrogen; trotzdem hat es einen gewissen muskelaufbauenden Effekt. Es aromatisiert nicht und hat aufgrund seiner Anti-Östrogen-Wirkung einen dehydrierenden Effekt, weshalb es oft zum Entwässern eingenommen wird. Tatsächlich erzeugt Epistane einen harten, „trockenen“ Look. (Allerdings ist Epistane kein Fatburner, wie oft behauptet wird.)
Halodrol (H-Drol, Halo, HD)
Halodrol, erstmalig 2006 von Gaspari Nutrition auf den Markt gebracht, ist ein recht starkes und daher außerordentlich beliebtes Prohormon. Es ist ähnlich aufgebaut wie das orale Steroid Oral Turinabol, das vornehmlich in der ehemaligen DDR verwendet wurde. Halodrol gilt als gut wirksam im Hinblick auf Muskelaufbau und Leistungssteigerung und ist dafür verhältnismäßig nebenwirkungsarm.
Superdrol (Methyldrostanolon, S-Drol)
Superdrol ist mit Abstand das potenteste Prohormon. Es kommt in seiner Wirkung dem Steroid Drostanolon gleich bzw. ist sogar noch effektiver.
Vielfach wird Superdrol deshalb als „waschechtes“ orales Steroid eingeordnet. Mit Superdrol lässt ich innerhalb weniger Wochen ein muskulöser und
definierter Look erreichen; allerdings geht eine Superdrol-Anwendung auch mit starken Nebenwirkungen einher. Für reine Hobby-Athletinnen und - Athleten ist Superdrol nicht zu empfehlen.
Trenavar (Trendione, Tren)
Dieses Prohormon wird oft als „orales Trenbolon“ bezeichnet, und in der Tat wirkt es ähnlich wie das Steroid Trenbolon (wenngleich die Wirkung
weniger stark ist). Leider entspricht auch das Nebenwirkungsspektrum dem sehr breiten Nebenwirkungsspektrum von Trenbolon.
Prohormone Nebenwirkungen: Was sind die häufigsten Nebenwirkungen von Prohormonen?
Dass Prohormone Nebenwirkungen haben, steht außer Frage. Aufgrund der vielen verschiedenen Arten von Prohormonen, die es mittlerweile gibt, kann man allerdings kaum pauschale Aussagen über die Nebenwirkungen machen. Grundsätzlich gilt: Je potenter ein Prohormon ist, desto stärker sind auch
die Nebenwirkungen. Schwache Prohormone, wie etwa 11-Ketotestosteron, haben auch nur schwache Nebenwirkungen; starke Prohormone können
dagegen sehr unangenehme Nebenwirkungen haben.
Nicht ungewöhnlich sind Nebenwirkungen, die auf Aromatisierung, also auf die Umwandlung von Testosteron in Östrogen, zurückzuführen sind. Dazu
gehören Brustnippeljucken bzw. Gynäkomastie bei Männern und Wasserretentionen sowie erhöhter Blutdruck. Außerdem wirken praktisch alle
Prohormone suppressiv – sie bewirken also, dass der Körper die endogene Testosteronproduktion drosselt. Methylierte Prohormone sind zudem
lebertoxisch. Das hochpotente Prohormon Superdrol aromatisiert zwar nicht, es verschlechtert aber dafür drastisch die Blutfettwerte (HDL-LDLVerhältnis), wodurch sich das Schlaganfall-Risiko und das Herzinfarkt-Risiko signifikant erhöhen. Außerdem schädigt Superdrol die Nieren. Wer nur seine
Fitness verbessern will und kein wettkampforientiertes Bodybuilding betreibt, sollte unbedingt Abstand von Superdrol nehmen.
Generell empfiehlt es sich, Prohormone nicht länger als 4 bis 6 Wochen zu nehmen, um keine starke Schädigung der Leber zu riskieren und um das
kardiovaskuläre System nicht zu sehr zu gefährden. Danach sollte eine mindestens 2-monatige Anwendungspause eingelegt werden.
Zielgruppe: Wer sollte Prohormone nehmen?
Prohormone für Anfänger
Prohormone sind nichts für Trainingsanfänger – Punkt. Innerhalb der ersten drei Trainingsjahre kann jeder Anfänger und jede Anfängerin auch mit
harmloseren Supplements (wie Kreatin oder Turkesteron bzw. Ecdysteron) schnell Muskelmasse aufbauen.
Prohormone für Frauen
Da praktisch jedes Prohormon bewirkt, dass sich zeitweilig der Testosteronspiegel im Körper erhöht (mit Ausnahme vielleicht von Epistane), ist eine
Prohormon-Anwendung für Frauen ein zweischneidiges Schwert. Es drohen Vermännlichungserscheinungen wie bei der Anwendung von anabolen Steroiden. Frauen, die trotzdem Prohormone nehmen wollen, sollten sich immer auf die Hälfte der auf der Packung aufgedruckten Dosierungsempfehlung beschränken.
Prohormone für fortgeschrittene Bodybuilder
Bodybuilder, die schon ein paar Jahre „am Eisen“ sind, sind die eigentliche Zielgruppe für Prohormone: Wenn die Grenze des natürlichen Muskelaufbaus erreicht ist (das ist in der Regel nach 3 bis 5 Jahren der Fall), können Prohormone noch weitere Fortschritte bewirken. Wie nachhaltig diese Fortschritte dann sind, ist eine andere Frage. Man muss damit rechnen, dass nach dem Absetzen der Prohormone ein Teil des erzielten Muskelzuwachses wieder verlorengeht.
Prohormone für Muskelaufbau: Was kann man erwarten?
Prohormone sind keine Wundermittel, auch nicht die stark wirksamen. Mehr als 2 bis 3 kg Muskelmasse wird man mit Prohormonen nicht aufbauen können. Das liegt zum einen daran, dass Prohormone den Testosteronspiegel nicht allzu stark anheben, und zum anderen daran, dass man sie nicht lange nehmen kann (ohne schwere Leberschäden zu riskieren). Andererseits: Drei Kilogramm Muskelmasse ist mehr, als mancher naturale Bodybuilder in einem ganzen Jahr aufbaut. Wenn man diese Masse mit Prohormonen in 6 Wochen aufbauen kann, ist das schon eine sehr reizvolle Perspektive.
Rechtlage: Sind Prohormone legal?
Die Zeit, in der Prohormone legal (bzw. nicht verboten) waren, ist seit Anfang 2000er-Jahre vorbei. Innerhalb der EU und auch in den USA sind
Prohormone heute nicht mehr legal – trotzdem kann man hierzulande Prohormone kaufen. Über das Internet sind Prohormone theoretisch überall auf
der Welt problemlos zu bekommen.
Beschaffung: Wo kann man Prohormone kaufen?
Der Kauf von Prohormonen ist riskant. Das Problem sind jedoch weniger die Behörden als vielmehr betrügerische Anbieter und Fake-Shops: Da
geprellte Käuferinnen und Käufer sich wegen der Prohormon-Rechtslage nicht offiziell über den jeweiligen Verkäufer beschweren können, gibt es unter den Anbietern viele schwarze Schafe. Hier hilft nur, sich vorab im Netz über den Shop, in dem man einkaufen will, zu informieren.
Zu beachten ist außerdem, dass die Anwendung von Prohormonen immer einen Verstoß gegen die Anti-Doping-Richtlinien der WADA darstellt [4].
Athletinnen und Athleten, die an dopinggetesteten Wettkämpfen teilnehmen, müssen sich also darüber im Klaren sein, dass sie, wenn sie Prohormone
einnehmen, ein positives Testergebnis riskieren.
- Tim N. Ziegenfuss et al. (2002): “Effects of prohormone supplementation in humans: a review” – Can J Appl Physiol
(https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/12501001/) - C. E. Broeder (2000): “The Andro Project: physiological and hormonal influences of androstenedione supplementation in men 35 to 65 years old participating
in a high-intensity resistance training program” – Arch Intern Med. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/11074738/) - J. Granados (2014): “Prohormone supplement 3β-hydroxy-5α-androst-1-en-17-one enhances resistance training gains but impairs user health”
(https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24381122/) - wada-ama.org (2005): The detection and confirmation of androstenediol abuse in athletes (https://www.wada-ama.org/en/resources/scientificresearch/detection-and-confirmation-androstenediol-abuse-athletes)